Antonio Calderara
Katalog 5 der Kestner-Gesellschaft, Hannover 1968

Wieland Schmied


Zur Ausstellung Antonio Calderara


Gleichzeitig mit der Ausstellung seines Landsmannes, Altersgefährten und Freundes Lucio Fontana zeigt die Kestner-Gesellschaft Hannover Bilder, Aquarelle, Zeichnungen und Graphik von Antonio Calderara, Mailand.

Antonio Calderara ist in den letzten Jahren in Deutschland durch eine Reihe kleinerer Galerieausstellungen - in Ulm, Esslingen, krefeld und München sowie in der Galerie h in Hannover - verhältnismäßig rasch bekanntgeworden. Die Ausstellung der Kestner-Gesellschaft gibt nun einen etwas weiter gespannten Überblick über seine Arbeiten aus den Jahren 1957-1967.

Der Stil Antonio Calderaras hat sich in diesem Jahrzehnt - so scheint es wenigstens auf den ersten Blick - entscheidend gewandelt: aus dem gegenständlichen Maler ist ein unbedingt und vorbehaltlos abstrakter Maler geworden. Aus dem Maler innig gesehener Stilleben, Porträts und Landschaften der Maler streng aufgefasster Flächen, Streifen, Rechtecke, Quadrate, deren Farbt?ne einander die Balance halten.

Und doch ist dieser Wandel für den Kenner des frühen Werkes nicht Überraschend gekommen: er hat sich vielmehr - anders als etwa bei Auguste Herbin - allmählich vorbereitet und erscheint nun als letzte Konsequenz eines langen, Schritt für Schritt gegangenen Weges.

Seit langem war die sichtbare Realität für Calderara immer ferner gerückt, immer fragwürdiger geworden - durch persönliche Erlebnisse und zugleich als visuelle Erfahrung. Gegenständliches schien ihm immer weniger greifbar, immer weniger wichtig - an seine Stelle trat zunächst Stimmungshaftes, Atmosphärisches und schließlich als beherrschendes Thema das Licht, das dunstig helle Licht seiner Heimat, der Lombardei.

Seit etwa 1955 erscheint die Welt in Calderaras Werk - die immer eine sehr begrenzte, fast könnte man sagen: intime, oder auch: innerliche, war - ganz spintualisiert und transparent, das Spiel der Farben ist zurückgenommen zugunsten des einheitlich verhaltenen Klangs der Monochromie, die Formen nähern sich geometrisch definierbaren Flächen, das reine Licht triumphiert.

Es ist, als ob Calderara nun nicht länger die Stütze oder das Gerüst des Figurativen ben?tige, um sich auszusprechen und das Bild aufzubauen - was er zu sagen hat, hat jetzt aus sich selbst heraus Bestand. Die Schwelle zur vollständigen Abstraktion wird betreten und Überschritten. Ohne des Äußeren Halts oder der Anlehnung an sichtbare Wirklichkeit zu bedürfen, ruht es in sich, gehorcht es eigenen Gesetzen, lebt es aus eigenem Geiste.

Hätte Giorgio Morandi den Schritt zur Abstraktion getan, er hätte gemalt

wie Antonio Calderara.